4. Hochzeitstag

Gestern war wieder ein „Meilenstein-Tag“, ein Jahrestag: Es wäre unser 4. Hochzeitstag gewesen. An diesem Tag darf ich mein ganzes Leben ein Stück untröstlich bleiben.
Bei mir ist es so, dass mich diese Tage vor allem im Vorfeld emotional aufwühlen. Es war eine tränenreiche, traurige Woche mit vielen schönen Erinnerungen. Der Tag selber war innerlich sehr ruhig und friedlich und eigentlich schön.
Um nicht in ein Loch zu fallen und von dem Tag und meinen Gefühlen überrascht und überrollt zu werden, habe ich mir schon vorher überlegt, was ich machen möchte. Zur Arbeit gehen musste ich. Das war aber gut, denn es symbolisiert das Neue, das Weiterleben, die Zukunft neben Tod und Verlust. Danach war ich zum Mittagessen verabredet. Den Nachmittag habe ich mir frei gehalten, Zeit für mich. Ich war im Trauerchat und habe daheim meditative Hausarbeit gemacht, meinen Gedanken freien Lauf gelassen und in mich hinein gespürt. Ich habe an meinen Mann gedacht und mit ihm geredet, auch einen Eintrag in das Briefbuch an ihn geschrieben. An diesem besonderen Tag brannte auch eine Gedenkkerze. Ein kleines, aber sehr kraftvolles Symbol.
Wir waren beide kein Typ für große Feiern, warum also jetzt damit anfangen.
Gemeinsam hätten wir gestern etwas Besonderes in unseren Alltag eingebaut. Vielleicht ein Abendessen in unserem Lieblingslokal. Eine kleine gegenseitige Aufmerksamkeit vielleicht. Ich schrieb ihm gerne Gedichte oder Texte und er war handwerklich begabt und fertigte mir als Geschenk gern ein kleines Kunstwerk. Für das Wochenende hätten wir vielleicht einen schönen Ausflug geplant.
Ich hätte ihm auf jeden Fall gesagt wie dankbar ich bin die Frau an seiner Seite sein zu dürfen und dass ich ihn wieder heiraten würde und die nächsten 50 Jahre mit ihm zusammen bleiben möchte.
Das habe ich ihm auch gesagt, nur auf eine andere Weise als Botschaft in eine andere Welt.
Im Herzen fühle ich mich noch verheiratet, für immer. Nur anders.

Bildquelle: Eigene Aufnahme