Gedanken zum 2. Todestag

Was bleibt, wenn alles Vergängliche geht, ist die Liebe.

Worte finden

Es fällt mir schwer diesen Beitrag anzufangen. Wo fange ich an?
Mein Gefühl der Sprachlosigkeit und die Fähigkeit mich so auszudrücken, wie ich es möchte, ohne zu stottern und nach Worten zu suchen, hält auch nach zwei Jahren noch an. Mit dem Verlust kam die Sprachlosigkeit, aber ich weiß auch, dass sie eines Tages wieder gehen wird. Es ist auch eine Sprachlosigkeit, die erkannt hat, dass es für manches einfach keine Worte gibt.

Gedenken

Eigentlich war es mein Wunsch und mein Plan zum Gedenken in dieser Zeit an die Stelle zu fahren, wo wir seine Asche verstreuen durften. Durch die gegebenen Umstände dieses Jahr 2020 wäre es aber verfälscht, das schöne Restaurant in der Nähe hätte zu und es wäre einfach nicht das, was ich mir gewünscht und vorgestellt hätte. Daher verschiebe ich diesen Ausflug.
Gedenken … es gibt so viele Arten und es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an meinen Mann denke. Er ist immer in meinem Herzen. Anfangs habe ich oft Kerzen angezündet. Das ist im zweiten Jahr seltener geworden, ich hatte kein so starkes Bedürfnis mehr danach. In der Natur bin ich ihm oft nahe und mit ihm in einer schönen Verbindung. Anfangs trug ich auch täglich unsere Ringe. Ich habe es noch nicht geschafft sie in die Schublade zu legen, aber ich trage sie nun seltener. Auch das ist eine Art des Gedenkens, weiterhin ein Symbol unserer Verbundenheit. Mir geben die Ringe Sicherheit und in manchen Situationen brauche ich sie noch. Ich schreibe ab und zu Briefe an meinen Mann oder ich rede einfach mit ihm. Ich schaue mir Filme oder Serien an, höre Musik, die wir beide mochten und auch da ist er ganz nah bei mir. Für mich gibt es viele schöne, berührende und innige Momente, die ich über seinen Tod hinaus erleben darf. Natürlich vermisse ich ihn immer noch, aber es tut nicht mehr so weh ich bin nicht mehr so traurig.

Gedankenspiele

Manchmal frage ich mich wie es wäre, wenn mein Mann auf einmal wieder körperlich in meinem Leben da wäre. Es hat sich doch vieles verändert und es ist nicht mehr das Leben, das wir gemeinsam hatten. Ich habe (m)einen neuen Weg gefunden. Wir könnten die Zeit nicht einfach zurückdrehen und an dem Punkt vor zwei Jahren weiter machen. Dafür hat sich in meinem Leben zu viel verändert, in mir und auch im Außen. Ich habe eine andere Arbeit, einen neuen Mann an meiner Seite. In gewisser Weise habe ich mich sogar an das Alleinsein in der Wohnung gewöhnt, obwohl genau das oft so schwierig war und ist. Wenn mein Mann auf einmal wieder vor mir stünde, wäre das wahrscheinlich erneut ein Erdbeben in meinem Leben. Vermutlich kann ich meine Reaktion darauf genauso wenig einschätzen wie ich hätte einschätzen können, wie ich auf die Nachricht seines Todes reagiere. Daher möchte ich hier auch keine Mutmaßungen anstellen. Sicher ist aber: Ich lebe jetzt ein anderes Leben als noch vor zwei Jahren mit ihm zusammen. Durch den Verlust und die Trauer habe ich mich verändert, musste ich mich verändern. Es könnte sein, dass wir gar nicht mehr zusammen passen würden. Was wäre dann mit meinem neuen Partner. Die Situation wäre gar nicht so schön oder einfach wie man es im ersten Moment vielleicht denken würde. Ich glaube, es wäre ganz schön kompliziert.

Veränderungen

Mein Mann hat jetzt einen anderen Platz in meinem Leben: Er ist in einer anderen Welt, aber bleibt mit mir verbunden. Und das ist ok so. Es fühlt sich friedlich an in meinem Herzen.

 

Nach zwei Jahren komme ich so langsam wieder in meinem Leben und in einem neuen Rhythmus an. Das JA zum Leben wird stärker, es gibt wieder mehr Licht als Dunkelheit. Ich mache wieder Pläne und traue mich wieder zu träumen.

 

Das zweite Trauerjahr hat mich bedingt durch die globalen Entwicklungen sehr gefordert, oft auch überfordert. So schnell noch einmal die Struktur im Alltag, den Boden unter den Füßen zu verlieren, damit hatte ich nicht gerechnet. Durch viel Zeit zu Hause war ich noch einmal sehr mit meinen Gefühlen konfrontiert, die mich abwechselnd durch tiefe Tiefen und daraus wieder in schöne Höhen geführt haben. Dieser anstrengende Prozess hat letztlich aus den Tiefen die innere Heilung angestoßen. Daher bin ich dankbar für die Täler. Doch der Weg ist noch nicht zu Ende.

Wieder Ziele

Mein nächstes Ziel ist eine Ausbildung zur Trauerbegleiterin. Die Idee der Ausbildung hatte ich von Anfang an. Doch ich brauchte erst einmal Zeit für meine eigene Trauer. Ich habe mich sehr in meine Trauer hineinfallen lassen und diese intensiv gelebt. Daher habe ich nun die Kraft die Ausbildung zu machen und kann mich gut von meinen eigenen Gefühlen abgrenzen. Die Ausbildung wird dennoch auch für mich ein weiteres Stück auf meinem Weg der inneren Heilung sein. Ich möchte mich noch intensiver mit manchen Themen auseinandersetzen und mich selber reflektieren. Nächstes Jahr ist genau der richtige Zeitpunkt, jetzt bin ich wirklich dazu bereit. Es ist mein tiefer, innerer Wunsch aus meiner Geschichte etwas zu erschaffen, meiner inneren Stimme folgend. Was genau ich machen werde, weiß ich noch nicht. Ich habe Vertrauen nach oben in meine Führung. Alles hat seine Zeit.

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