Suizide in der Landwirtschaft

Häufiger als man denkt !

Da ich in meinem Umfeld vermehrt von Suiziden in der Landwirtschaft höre und mich das sehr beschäftigt und nachdenklich stimmt, widme ich dem Thema diesen Beitrag.
Natürlich könnte ich zu vielen Berufsgruppen einen eigenen Beitrag zum Thema Suizid schreiben, allen voran über die am meisten betroffenen Gruppen der Ärzte und Helferberufe/soziale Berufe.
Mir liegen aufgrund persönlicher Verbindungen jedoch zunächst die Landwirte sehr am Herzen.

Kurz gegoogelt, fand ich gleich 3 Seiten zum Thema aus den letzten beiden Jahren.
Suizid-Rate in der Landwirtschaft nimmt zu, titelte eine Bauernzeitung der Schweiz im März 2020. „Während die Suizid-Rate anderer Schweizer Männer aus ländlichen Gemeinden laufend sinkt, nimmt sie bei Landwirten seit 2003 zu.“
Tabu-Thema: Selbstmorde von Landwirten titelte agrarheute im Mai 2019 und versucht in einem zweiten Beitrag die Ursachen zu erklären. „Alle zwei Tage nimmt sich ein Landwirt in Frankreich das Leben, Mindestens.  (…) Aus anderen europäischen Ländern liegen bislang kaum belastbare statistische Daten vor. Berichte von Insidern zeigen jedoch, dass es in den meisten europäischen Ländern nicht viel anders aussehen dürfte. Auch in Deutschland nicht.“ Außerdem gibt es bei Suizidalität allgemein eine hohe Dunkelziffer, also sicher auch an dieser Stelle.

Ursachen

Agrarheute diskutierte zwei Ursachen: „Selbstmorde bei Landwirten haben offenbar zwei zentrale Ursachen: (1) Die oftmals extrem angespannte wirtschaftliche Situation vieler Betriebe aufgrund schlechter Preise und hoher Schuldenlast – bei gleichzeitig permanenter Überarbeitung der Inhaber. Und (2) die geringe und sich weiter verschlechternde gesellschaftliche Anerkennung für die Arbeit der Landwirte – bis hin zum Mobbing von Bauernkindern in der Schule.
Jeder fünfte Landwirt  scheidet auf Grund schwerwiegender psychischer Erkrankungen aus dem Berufsleben aus.  (…) die meisten Landwirte haben einen inneren Antreiber, der sie gefährdet: ihre hohe Arbeitsmoral. Die meisten kennen nichts anderes als zu funktionieren, zu arbeiten und auf die Psyche wenig Rücksicht zu nehmen, sagt der Chefarzt der psychosomatischen Abteilung der Kreisklinik im bayerischen Ebersberg, Claus Krüger. (…) Die Situation sei komplex, erklärt Stefan Adelsberger, von der landwirtschaftlichen Sozialversicherung. „Landwirte pflegen überproportional häufig Familienangehörige zu Hause, dazu kommen oft innerfamiliäre Konflikte über Generationen hinweg und Streit um die Betriebsübergabe.“ Wenn aber das Lebenswerk vor dem Aus steht, dazu noch finanziell der Schuh drückt und keine Zeit bleibt, um sich Hilfe zu holen, kann es brenzlig werden.“

Viel aufschlussreicher finde ich jedoch ein Diskussionsforum von Landwirten aus Österreich, in dem ebenfalls die Frage nach den Ursachen der Suizide von Berufskollegen aus persönlicher und unmittelbar betroffener Perspektive diskutiert wird.
Man ist sich einig, dass es nicht einen Grund gibt, sondern dass viele Faktoren eine Rolle spielen. Genannt werden: Fehlende Wertschätzung (insbesondere innerhalb der Familie), Generationenkonflikte, missglückte Hofübergabe, Erziehung im Kindesalter, anerzogenes Traditionsbewusstsein, erlernte „Opferrolle“, familiäre Probleme der jüngeren Generation, Kommunikationsprobleme in der Familie (bis hin zu schweigen), geringe Erzeugerpreise, hohe Schulden, angespannte wirtschaftliche Situation, Arbeitsüberlastung, psychische Probleme (Depression), Arbeitsunfähigkeit durch Unfall, hohe Erwartungen an sich und andere, Druck, Einsamkeit.
Jeder hat seine eigene Geschichte und es ist immer ein individuelles Zusammenspiel der Gründe.
Ich habe dem Ergebnis der Forumsdiskussion an dieser Stelle nicht viel hinzuzufügen; ich kann es mit meinen persönlichen Erfahrungen unterstreichen und bestätigen.

Auffallend ist wie häufig Erziehung, Kindheit und familiäre Konflikte von den Landwirten selbst als Ursache benannt werden – weit vor politischen und ökonomischen Faktoren. 

Verhindern ?

Eines möchte ich jedoch noch anmerken: Auch wenn Hilfe in Anspruch genommen wird so wie im Forum und von agrarheute vorgeschlagen, ist dies leider keine Garantie, dass der Suizid verhindert werden kann. Hilfe holen halte ich dennoch für richtig, wichtig und mutig – bitte nicht falsch verstehen. Dies kann ja tatsächlich einen Wendepunkt bedeuten, indem die persönliche Situation mit Hilfe von außen verbessert wird.

Bildquelle: pixabay

Video: Tabuthema - Bauern in der Psychp-Krise

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Ich bin Svenja,

die bewusst im Hier und Jetzt lebt, die Natur genießt und keine Pläne mehr verschiebt seit ihr Mann diese Welt verlassen hat.

Ich bin Wegbegleiterin und Mutmacherin, die Menschen in Trauer-, Trennungs- und Umbruchsphasen dabei begleitet wieder neu in ihre Lebendigkeit zu kommen.

 

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